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31. Juli 2025
Gesund in der Stadt: Diese Orte ändern unsere Art zu wohnen
Stau, Lärm, Stress: Für viele ist der Alltag in der Stadt alles andere als gesund. Doch es geht auch anders! Vier Städte zeigen, wie mehr Lebensqualität für alle möglich ist.
Zu Fuß innerhalb von 15 Minuten auf Arbeit, in der Schule oder im Park – klingt traumhaft, oder? Doch die Realität sieht für viele Städter:innen anders aus. Gerade Eltern pendeln mitunter über eine halbe Stunde zum Arbeitsplatz, machen Umwege, um ihre Kinder aus der Kita abzuholen, und stehen regelmäßig im Stau. Dieser Alltag stresst und ist schlecht für unsere Gesundheit.
Wie eine Stadt aufgebaut ist, beeinflusst unsere Gesundheit maßgeblich. Ein hoher Lärmpegel, eine hohe Luftverschmutzung, unsichere Verkehrswege und weite Pendelstrecken machen uns krank und verkürzen unsere Lebenserwartung. Ruhige, saubere, sichere und grüne Viertel mit einer guten Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) verbessern hingegen unsere Gesundheit, wie mehrere Studien ergeben haben.
Expert:innen der ARL – Akademie für Raumentwicklung in der Leibniz-Gemeinschaft haben drei Jahre lang untersucht, wie Städte gesünder gestaltet werden können. Im Rahmen des Projekts “Urban Planning for Health Equity”, (deutsch: Stadtplanung für mehr gesundheitliche Chancengerechtigkeit) haben Personen aus der Stadtplanung, Gesundheitswissenschaft oder Landschaftsarchitektur zusammengearbeitet.
Der Arbeitskreis hat mehrere europäische Städte untersucht, die bereits auf eine gesunde Stadtplanung achten. Was tun sie, um die Gesundheit und Zufriedenheit ihrer Bevölkerung zu steigern? Hier stellen wir vier positive Beispiele aus Deutschland, Polen, Österreich und den Niederlanden vor.
Arbeiterviertel Nikiszowiec: Das 100-jährige Vorbild

Das Stadtviertel Nikiszowiec in Katowice war früher eine Bergbau-Siedlung und steht heute unter Denkmalschutz. Noch heute ist sie so angelegt, dass die Menschen Supermärkte, Schulen, Krankenver sorgung und weitere lebenswichtige Einrichtungen innerhalb von 15 Minuten zu Fuß erreichen können. Dies ist eine Besonderheit und liegt daran, dass Nikiszowiec früher eine Arbeitersiedlung war, in der Bergleute mit ihren Familien gewohnt und direkt in der Nähe gearbeitet haben. Weil der Bergbau in Oberschlesien damals sehr schnell wuchs, gab es nicht genug Wohnungen. Deshalb wurde Anfang des 20. Jahrhunderts entschieden, neue Siedlungen für die Arbeiter zu bauen.
Durch den Bau des neuen Stadtviertels stellte der Arbeitgeber den Bergleuten nicht nur ein Dach über dem Kopf, sondern auch alles, was sie zum Leben brauchten bereit: also Schulen, Geschäfte und Arztpraxen direkt vor Ort. Das umfassende Konzept zielte darauf ab, den höchstmöglichen Wohnkomfort zu gewährleisten. Für die damalige Zeit war das sehr vorbildlich und modern.
Bochum-Wattenscheid: Graue Industriestadt wird zu grüner Oase

Wattenscheid war früher eine eigene Stadt und hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Früher gab es dort viele Fabriken und die Stadt wurde von grauen Industriegebäuden geprägt. In den letzten Jahren wurden viele Fassaden neugestaltet und immer mehr Grünflächen geschaffen. Der Stadtteil unternimmt viele Versuche, um die Umgebung lebenswerter zu gestalten.
Ein Teil von Wattenscheid gehört jetzt zum Programm „Soziale Stadt – WAT bewegen“. Dabei arbeiten Menschen aus den Fachbereichen Gesundheit und Stadtplanung zusammen. Das Team hilft den Menschen im Viertel und plant mit ihnen zusammen Verbesserungen, um die bestimmte Stadtteile schöner und lebenswerter zu machen.
Zwei Expertinnen aus dem Gesundheitsamt und der Stadtplanung haben den Mitgliedern des Arbeitskreises das Viertel gezeigt. Dabei haben sie besondere Orte erklärt:
- Friedenspark am Ehrenmal: Früher war er ungepflegt und wurde kaum genutzt. Heute ist er ein beliebter Park mit Spiel- und Sportplätzen.
- Industrie-Spuren: Am Marktplatz sieht man noch, dass Wattenscheid eine Industrie-Vergangenheit hat – die Geschichte ist im Stadtbild sichtbar. Das ist wichtig, damit sich die Menschen in ihrer Stadt wohl fühlen, denn Wattenscheid erinnert sie an ihre eigene Geschichte.
- August-Bebel-Platz: Dieser Platz war früher laut und stark befahren. Jetzt soll er so umgestaltet werden, dass man sich dort gerne aufhält – grün, sicher und lebenswert. Aber das ist gar nicht so einfach, denn die Menschen in der Umgebung und die Hausbesitzer haben unterschiedliche Vorstellungen, wie der Platz aussehen sollte und für den Autoverkehr müssen neue Wege gefunden werden. Zudem kostet ein Umbau viel Gel, dauert viele Jahre und es müssen viele Gesetze und Vorschriften eingehalten werden. Dafür braucht man eine gute Planung und viel Zusammenarbeit.
Seestadt Aspern in Wien: Die Stadt der kurzen Wege


Andere gute Beispiele sind Stadtviertel, in denen die Menschen alles Lebenswichtige in zehn bis 15 Minuten zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichen können. Dies wird zum Beispiel in Seestadt Aspern, einem Neubaugebiet in Wien in Österreich, versucht. Hier werden z.B. kurze Wege geplant, sodass Wohnungen, Schulen, Supermärkte, Büros, Arztpraxen, Spielplätze und Cafés nah beieinanderliegen und die Menschen kein Auto für ihre täglichen Wege brauchen. Zusätzlich werden Fuß- und Radwege gut und sicher ausgebaut.
Dadurch, dass es weniger Parkplätze auf der Straße gibt, ist es ruhiger und sicherer auf den Straßen. Parken können Autos in Parkgaragen am Rand des Stadtviertels. Manche Menschen brauchen gar kein Auto mehr. U-Bahnen und Busse ermöglichen es, dass die Menschen schnell und klimafreundlich an weiter entfernte Ziele kommen. Zusätzlich wird viel Wert auf grüne Parks, öffentliche Plätze, einen großen See und viele Sitzmöglichkeiten gelegt.
Delft: Neue Verkehrswege für mehr Sicherheit

Auch die Stadt Delft in den Niederlanden nimmt sich vor, zu einer 15-Minuten-Stadt zu werden. Dort wurden in den letzten Jahren schon sehr viele gute Radwege gebaut. Häufig fehlen aber Fußwege oder Überquerungsmöglichkeiten für Menschen, die zu Fuß und nicht mit dem Fahrrad oder Auto unterwegs sind. Jetzt sollen auch die Fußwege attraktiver und sicherer gestaltet werden.
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